12.00: Heute ist wahrlich ein großer Tag... Gerade habe ich die erste Prüfung zum zweiten Staatsexamen bestanden und zur Belohnung werde ich mich heute Abend in die sächsische Landeshauptstadt begeben, um mir die ultimative Drone-ung zu geben. Ja, es ist wahr, SUNNO))) haben Dresden zum Austragungsort ihrer extraterrestrischen Apokalypse erhoben. Ich kann es kaum noch erwarten...
20.00: Da musste ich ja mächtig auf die Tube drücken, damit mich mein Vehikel pünktlich zum Einlass vor dem Star Club ablädt. Da sich die Herren Geräuschproduzenten aber doch erst ab 21.30 Uhr auf der Bühne bewegen werden, habe ich noch genügend Zeit für einen gepflegten Smalltalk mit dem einen oder anderen Freund doomiger Klangwelten bei einem kleinen Bierchen: Wo kommst du denn her? Bist du auch alleine hier? Woher hast du denn das Khanate Shirt? Freust du dich auch so saumäßig auf SUNNO)))?...
21.00: Ich schau mir mal den Merchandise-Stand an. Sicherlich gibt es Sachen, die man hierzulande nicht ohne einen gewissen Aufwand besorgen kann: Ha, ein SUNNO)))-Shirt...Cool!...anprobiert und gekauft. Pins? Nehm ich! Platten? Hab ich schon...grins.
21.15: Steht da nicht... Das ist doch... Ja klar ist das Steven OMalley (SUNNO))), Khanate, Burning Witch, Thorrs Hammer), der sich da über den Merchandise Tisch beugt. Ich quatsch ihn mal an (nicht, dass ich ein Groupie bin, aber wann kommt man schon einmal in den Genuss mit diesem Doom-Genie zu plaudern?). ...Er ist ein angenehmer Bursche - keine Starallüren oder anderer Quatsch, eher viel zu bescheiden, was die Qualität seiner musikalischen Projekte angeht. Leider ist in absehbarer Zeit keine Tour von Khanate in hiesigen Gefilden geplant. Mit einem anerkennenden Armdruck macht er sich auf, um noch etwas mit seinen Kollegen zu trinken bevor die Show losgeht.
21.45: Es geht wohl doch erst später los? Scheint so...
irgendwann nach 22.00: Ahhhh... Die Mannen von EARTH formieren sich auf der Bühne. Neben den klassischen Instrumenten wie Schlagzeug, Bass, Gitarre erscheint eine Posaune. Scheint interessant zu werden. ...Sehr akustisch, athmosphärisch. Ich komme mir vor, als würde ich in der Wüste stehen, die Zeit steht still, der Wind bläst Sandkorn für Sandkorn an mir vorüber, der Boden vibriert...ich versinke...
ca. 23.30: Endlich... Nachdem die Bühne von überflüssigem Gerümpel, sprich von Schlagzeug und modernen Verstärkern bereinigt worden ist, baut sich eine bloße Wand von SUNN Amps vor mir auf, wie es sein muss. MENSCH!!!...Wie soll ich denn noch was sehen, wenn die Bühne total eingenebelt wird?! Ahhhhhhhhhhhh...Ich hab nen Stromschlag!!! Ach nein, ist doch das erste Riff der bedächtig und in dunkle Umhänge gehüllt hintereinander auf die Bühne schreitenden SUNNO)))-Götter. Was für ein brachialer Sound: es vibriert, dröhnt, übersteuert...Genial! Ich komme mir vor, als wäre ich mitten in eine Messe, in eine schwarze Messe geraten. Wie Mönche, die die Apokalypse verkünden, das Überirdische anbeten, verneigen sie sich rhythmisch, ekstatisch dem Anschlag der Gitarrenseiten folgend. Die Gitarren, der Bass sind nicht bloße Instrumente, sie sind lebendig, anbetungswürdig...einmal in Schwingungen versetzt, wollen sie gar nicht mehr aufhören zu schreien, zu dröhnen, die Erde zu zerbersten...Ich lege die Hände auf die Bühnenbretter, die Vibrationen durchdringen meinen ganzen Körper...Das sind SUNNO)))! (...Ich schalte vielleicht doch besser den Blitz aus, die Fotos sind alle weiß...man ist das hier nebelig!) Malefic (Xasthur) schreitet auf die Bühne, dämonisch bemahlt, er nimmt das Mikrofon in die Hand und haucht das Untote aus tiefsten Abgründen hindurch...diabolisches Kreischen, undefinierbar, beängstigend. Die Gitarren von Steven OMalley und Greg Anderson (Khanate, Goatsnake) werden zum Kultobjekt, die Sonne zur Gottheit erhoben und angebetet. Sie ist das Zentrum unserer Welt, sie schafft Leben, sie zerstört Leben, sie zerstört uns...die Erde ist nichts, wir sind nichts...nur die Vibrationen der Elementarteilchen sind von Bedeutung...MAXIMUM VOLUME YIELDS MAXIMUM RESULTS!!!
ca. 1.00: Der erste und gleichzeitig den Auftritt abschließende Song (Ich nenne die Sounderruptionen SUNNO)))s mal eben so.) neigt sich dem Ende, die apokalyptischen Mönche verneigen sich vor dem Puplikum und verlassen im Nachdröhnen der Instrumente die Bühne. WAHHHHHHHHNSINN!!! Wer es nicht mit eigenen Augen gesehen, mit eigenen Ohren gehört und dem Körper gefühlt hat, kann sich das Desaster nicht einmal ansatzweise vorstellen, das soeben die Bühne und alles darum in Schutt und Asche gelegt hat. Irgendwie habe ich nur einige Songstrukturen wiedererkennen können, was sicherlich daran liegt, dass SUNNO))) vom Mittel der Improvisation leben, so wird z.B. der Amp selbst zum Musiker, indem man die Gitarre darauf legt, damit seine Vibrationen die Saiten in unendliche Schwingungen versetzen. Man kann sie dazu auch auf die Holzbretter der Bühne stellen oder den Gitarrenkopf an die Lautsprecher halten. Egal, hauptsache es ist laut und es dröhnt wie sau.
1.15: Jetzt muss ich aber auf die Autobahn, weil mein Wecker um 6 Uhr klingeln wird... egal, denn es hat sich echt gelohnt!
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Zitat: Auf den aus dem Rahmen fallenden Konzerten von Sunn O))) (nur Sunn wird gesprochen) und Earth erwartet einen bleischwerer, todeslangsamer, tiefbrummender Drone Doom Ambient Metal - eine beeindruckende musikalische Apokalypse !
Lars Brinkmann schrieb in der SPEX: Ein süßes Nichts in bleischwer. Ultraheavy Motion-Metal wie aus dem Mutterleib. SunnO))) dröhnen dich um das Bewusstsein, lullen dich ein mit volumenstarkem Beharren, mit veredelter Erstarrung und dramatischer Ereignislosigkeit. Live stehen sie zu zweit in Mönchskutten in einem von Nebelschwaden durchwaberten Stonehenge aus Sunn-Amplifiern. Dabei rühren sie für Ewigkeiten keinen Finger, jedes Riff schwappt mit 130 db als minutenlanger Drone über das Hirn, um sich schließlich von dort aus durch den ganzen Körper zu arbeiten und irgendwo tief im Gedärm ein warmes Plätzchen zu finden. Als freundlicher Symbiont oder gefährlicher Parasit, darüber kann jeder selbst entscheiden. Eine ganz alte Weisheit der Übertherapierten: Du musst es nur zulassen! Das meint in diesem Fall, es sich in einer Möbiusschlaufe gemütlich zu machen. Zeit dehnt sich, vergeht gar nicht oder wie im Flug ...